Sven Elvestad - Journalist und Schriftsteller
- Sein Leben
Vom Zirkus an die Krimispitze Europas
Sven Elvestad ist ein Abenteuer, mindestens genauso
spannend wie seine 98 Romane. Geboren wurde er am 6. September
1884 in Halden/Norwegen, wo der junge Bücherwurm mit Zirkus
und harter Arbeit aufwuchs. Mit 17 entlarvte er den Skjeberg-Mörder,
als er Journalist in Fredriksten war. Unter dem Namen Stein Riverton
wurde er zu einem der meist gelesenen Krimiautoren Europas. Ein
gesellschaftlicher Kosmopolit mit homophiler Neigung, jemand,
der mit dem Faschismus flirtete. War ängstlich und mutig
zugleich. Aber ins Heilige Land gelangte er nicht.
"Himmel og hav" (Himmel und Meer). "Lys og mørke
" (Licht und Schatten).
"Dager skal komme". (Der Tag wird kommen)
"Angsten" (Angst). "De fortaptes hus" (Das
Haus der Verdammten).
Diese Titel beschreiben auch Elvestad, den Mann hinter den Meisterdetektiven
Knut Gribb und Asbjørn Krag.
Sven Elvestad alias Stein Riverton und Kristian F. Biller hinterließ
auf dem europäischen Terrain auf verschiedene Weise Spuren.
Er war 1,97 m groß, wog über 100 kg, benötigte
eine Brille von -22 Dioptrin - und hatte eine große, rote
Portwein-Nase.
Ein Reporter der Extraklasse
Viele beschreiben Sven Elvestad als einen Reporter der Extraklasse,
als Norwegens bedeutendsten Krimiautoren und als einen meisterlichen
Erzähler. Die Stiftung der norwegischen kriminalliterarischen
Vereinigung - Rivertonclub - erzählt das ihre. Aber Sven
Elvestad ist auch die Geschichte über ein großes, produktives
Schreibtalent - das einsam lebte, von einem Restaurant zum anderen
zog, ohne jemals Wurzeln zu schlagen für ein eigenes Zuhause
- ein Held bis er als ausgebrannter Journalist endete.
Mit den Namen Sven Elvestad und Stein Riverton verbinden sich
viele Mythen, Urheber einiger war Elvestad wohl auch selbst. Er
hatte keine Angst, andere oder sich selbst an der Nase herumzuführen.
Ein Mal kroch der Journalist Elvestad in den Löwenkäfig
des Zirkus Norbeck, wo er dann laut aus der Konkurrenzzeitung
Verdens Gang vorlas. Danach befragt, wie das ganze von statten
ging, antwortete Elvestad: "Die Zeitung war langweilig. Der
Löwe schlief ein!"
Zog die Obrigkeit splitterfasernackt aus
Sven Elvestad gehört zu den wenigen, die schon zu Lebzeiten
zu Legenden wurden. Er war Selfmade-Journalist, der nach der Bürgerlichkeit
trat - so kräftig, dass er selbst gefeuert wurde. Später
wurde er ein sehr geschätzter Schreiber bei der Aftenposten,
beim Dagbladet, bei der Politiken und der Tidens Tegn. In Tidens
Tegn erschienen Sven Elvestads Beiträge stets auf der ersten
Seite, mit seinem Namen nahezu so groß gedruckt wie die
Überschrift.
Sven Elvestad war Sohn des Steuermanns Karl
Edvin Sørensen und seiner Frau Adolfine Helene, geborene
Elvestad. Sie bekamen zwei Söhne und zwei Töchter. Im
Kirchenbuch steht, dass Sven am 6. September geboren wurde, getauft
auf den Namen Kristoffer Elvestad und als Kristoffer Elvestad
Svendsen konfirmiert. Als der Vater und der älteste Bruder
1896 auf See umkamen, war es an Sven, für die Familie zu
sorgen. Seinen ersten festen Job bekam er bei Carl Nilsen in Adelgata.
Hier schrieb er auch seinen ersten Reklametext, von dem sowohl
der Chef als auch die Verantwortlichen beim Anzeigenblatt begeistert
waren. Aber der 15-jährige Sven verursachte auch einen schwarzen
Fleck auf einer Wand, hervorgerufen durch eine Explosion in einer
Lampe - und veruntreute zudem 1.115 Kronen.
Knapp 17 Jahre alt begann er seine Laufbahn als Journalist. Am
9. Dezember 1901 wurde die im ganzen Land bekannte Schauspielerin
Ragna Wettergren buchstäblich nackt in die Spalten Fredrikstens
gepresst. Das Interview mit der großbürgerlichen und
"talentlosen" Frau verursachte großes Aufsehen.
Nicht weniger Aufsehen erweckte Sven Elvestad, als er sich mit
einem der mächtigsten Männer, dem Grossisten Skotvedt,
anlegte, so dass die Fetzen flogen. Skotvedt war in Konkurs gegangen
aufgrund ungesetzlichen Holzhandels. Elvestad hatte darüber
berichtet - und wurde dafür gefeuert. Auch zwei Ausgaben
seiner eigenen Zeitung Tistedølen wurden ein Flop.
Rundum erneuerte Zeitung mit Meisterdetektiven
Sven Elvestad wurde arbeitslos und musste sich in Kristiania (früherer
Name Oslos, Anmerk. d. Übersetzers) nach einem neuen Job
umsehen. Zuerst schlug er sich als Lagerarbeiter bei Bananen-Mathisen
durch. Als Journalist für die Hauptstadtzeitung Ørbladet
erfand Elvestad schließlich den Meisterdetektiv Asbjørn
Krag. Die Geschichten wurde jeweils am Quartalsende im Feuilleton
gedruckt, um den Lesern ein Extra zu bieten, das sie verleiten
sollte, ihr Abonnement zu verlängern. Elvestad schrieb den
"Mord in der D...straße 63" und die Auflage stieg!
1908 kam die Serie "Lys og Skygge" (Licht und Schatten)
mit "Ein Menschendiebstahl" heraus, mit Knut Gribb in
der Hauptrolle als Meisterdetektiv. Schließlich bekam Sven
Elvestad nach 28 Erzählungen genug von Knut Gribb, und machte
statt dessen mit Asbjørn Krag weiter, dem Detektiv, der
sich auch nicht scheut, die politische Obrigkeit mitten in der
Nacht zu wecken, um international gesuchte Verbrecher hinter Schloss
und Riegel zu bringen, unterwegs in einem roten Auto mit 8 PS...
Elvestads Bücher wurden ins Englische, Deutsche, Dänische,
Niederländische, Spanische, Serbokroatische, Schwedische,
Slowakische, Tschechische, Finnische und Ungarische übersetzt.
In Norwegen erschienen seine Romane in einer Auflage von über
eine Million Exemplaren. Allein in Schweden erschien Jernvognen
(deutsch: Der eiserne Wagen) in einer Auflage von 200.000. In
Deutschland wurden 85 seiner Werke veröffentlicht.
Elvestad schrieb in rascher Folge, war stets alkoholisiert und
warf das Geld gerne mit beiden Händen zum Fenster hinaus.
Er verkaufte seine Herausgeberrechte lange bevor er den Titel
für seine Romane festsetzte.
Buchtipp |
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Sven Elvestad reiste viel ins Ausland und hielt sich lange Zeit
in Dänemark und Italien auf, vor allem in dem kleinen Dorf
Positano in der Sorento-Anhöhe. Mehrere Male wurde Elvestad
festgenommen, als er an einer Reportage schrieb, weil er den Terroristen
in Paris und der Kriegszone Dunquerque zu nahe kam. Man verdächtigte
ihn der Spionage. Beinahe wäre er auch in der Nordsee umgekommen,
als er sich auf einer Rettungsboje treiben ließ. Die Unglücke
anderer verkraftet er nicht ganz so gut. Das Tafjord-Unglück
vom April 1934 wurde zu stark für ihn. 41 Menschen starben
in der Flutwelle.
Der Journalist, der Krimis verfasst und massenweise Mord verübt
hatte, erlahmte angesichts der Tragödie. Es ist bekannt,
dass Elvestad aktiver Gegner von Gewalt war. Er benutzte niemals
Krieg als Kulisse in seinen Romanen.
Der Glaube ans Heimatdorf
Sven Elvestad kehrte oft nach Halden zurück, sowohl in seinen
Büchern als auch in Gedanken, wie z.B. zu seinem 50. Geburtstag.
Dort erreichte ihn während der Feierlichkeiten auf Bristol
ein Telegramm, das seine Gedanken beflügelte. Das Telegramm
war von seinem ehemaligen Lehrer Olaf Fostrøm und seiner
Frau Elise: Ein Geburtstagsgruß in Gedichtform. Einige Tage
später besuchte Sven Elvestad seinen ehemaligen Lehrer Fostrøm
und erzählte ihm, dass er nach Palästina wolle, das
er schon immer habe sehen wollen.
Sven Elvestad wurde am 18. Dezember 1934 tot im Høires
Hotel in Skien aufgefunden, einen Tag bevor er ins Heilige Land
aufbrechen wollte.
Sven Elvestad wurde 50 Jahre.
Inhalt aus Halden Arbeiderblad, 18. September
1993
Text: Bård Halvorsen Weitere Information finden Sie hier.
Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung:
Alexandra Hagenguth/
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